Viel Interesse an der Ausstellung „Lager Lindele – Leben hinter Stacheldraht“

Zum Auftakt der Guernsey Wochen, die die Stadt Biberach gemeinsam mit dem Verein Städte Partner Biberach (StäPa) in den nächsten Tagen und Wochen veranstalten, gab es eine Führung durch die Dauerausstellung „Lager Lindele – Leben hinter Stacheldraht“ in der Hochschule für Polizei. Das Interesse war sehr zur Freude des Freundeskreis Guernsey so groß, dass diese Führung ausgebucht war.

Michael Leidenheimer, der an der Hochschule allgemeinbildende Fächer unterrichtet, führte durch die Ausstellung und berichtete anhand der Schautafeln engagiert über die wechselvolle Geschichte des Lagers. 1939 als Wehrmachtskaserne eröffnet, wurden aber schon bald nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen, dem Beginn des 2. Weltkrieges, dort zuerst französische, danach britische Offiziere gefangen gehalten. Im September 1941 gelang 26 britischen Offizieren durch einen mit einfachsten Hilfsmitteln gegrabenen Tunnel die Flucht. Allerdings erreichen nur vier die neutrale Schweiz, alle anderen werden wieder gefangen genommen. Im November 1941 werden sowjetische Kriegsgefangene im Lager Lindele untergebracht. Sie sind schon bei ihrer Ankunft ziemlich geschunden und krank; mindestens 149 sterben im Lager bei dem insgesamt etwa 3-monatigen Aufenthalt in Biberach. Heute sind sie auf dem russischen Friedhof an der Memminger Straße begraben. Ab September 1942 werden rund eintausend zivile Deportierte von den Kanalinseln, vor allem von Guernsey interniert. Mit dabei auch etliche Familien. Im Laufe der zweieinhalbjährigen Internierung ergaben sich verschiedene Kontakte zwischen einheimischen Familien und den Internieren, es bildeten sich Freundschaften, die über das Kriegsende hinaus bestehen blieben und letztlich die Basis bildeten für die heutigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Guernsey und Biberach. Ende 1944 kommen noch zusätzlich mehr als dreihundert sogenannter „Austauschjuden“ ins Lager, auch sie in einem schockierenden Zustand. Am 23. April 1945 werden die Lager-Insassen durch die französische Armee befreit.

Nach Kriegsende zogen viele Flüchtlinge übergangsweise in das Lager. 1951 wurde es der Bereitschaftspolizei überlassen, zwischen 1970 und 1976 wurden die Baracken nach und nach abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Heute ist der ehemalige Uhrenturm, der auf dem Dach des Hauptgebäudes angebracht war, das einzig verbliebene originale Bauwerk aus der „Lager Lindele“-Ära.

Michael Leidenheimer berichtete zudem, dass diese Ausstellung auch Teil der Ausbildung bei der Polizei sei. Zum einen soll dies Geschichte des heutigen Polizeihochschulgeländes nicht in Vergessenheit geraten, zudem kann auf die unterschiedlichen Rollen der Polizei in einer Demokratie im Vergleich zu einer Diktatur dargestellt werden. Der Freundeskreis Guernsey bietet zusammen mit der Hochschule für Polizei im Rahmen der Guernsey Wochen am 06. November eine weitere Führung durch die Ausstellung an. Die Teilnehmerzahl ist dabei begrenzt. Daher wird um Anmeldung beim StäPa gebeten: Telefon 01590-1977084 oder E-Mail an info@staepabc.de. Für den Einlass wird der Name und die Anschrift benötigt. Auf dem Gelände der Hochschule für Polizei (Birkenharder Strasse 61) ist der Ausweis mitzuführen. Der Eintritt ist frei.