Angesichts der aktuellen Situation in Georgien haben der Verein Städte Partner Biberach e.V. (StäPa) mit seinem Telawi-Ausschuss ausgesprochen kurzfristig zu einer Mahnwache in den Museumsinnenhof aufgerufen. Gute 50 Personen sind dem Aufruf gefolgt, um ihre Bestürzung und Sorge zum Ausdruck zu bringen, die sich nach den umstrittenen Wahlen zum Georgischen Parlament zeigt. Birgit Kiene, die Vorsitzende des Telawi-Ausschusses, hat über die aktuelle Situation berichtet: „Wir möchten heute hier in Biberach ein Zeichen setzen und auf die Ereignisse in unserem Partnerland Georgien und unserer Partnerstadt Telawi hinweisen, diese Ereignisse in euer Blickfeld rücken. In unseren Partnerstadt Telawi ist es noch sehr ruhig, die meisten Demonstrationen konzentrieren sich auf die Hauptstadt Tiflis, vor dem Parlament. Leider kommt es dort zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die auch immer mehr eskalieren. Mittlerweile werden auch Oppositionspolitiker und Intellektuelle verhaftet und ihre Büros durchsucht.“ Nach den umstrittenen Wahlen am 26. Oktober, aus der die Russland-freundliche Regierungspartei „Georgischer Traum“ mit 54% zum Sieger erklärt wurde, begannen die ersten Demonstrationen und man focht die Rechtmäßigkeit des Ergebnisses an. Die Präsidentin Georgiens, Salome Zourabischvili stärkt dem georgischen Volk den Rücken und hat vergeblich versucht, das Wahlergebnis annullieren zu lassen und Neuwahlen auszurufen. Der Kurs der Regierungspartei „Georgischer Traum“ wird maßgeblich durch den Multimilliardär Bidsina Iwanischwili bestimmt, dem enge Verbindungen in den Kreml nachgesagt werden.
Als dann am 28. November der Regierungschef Irakli Kobakhidze bekannt gab, die EU-Beitrittsgespräche bis Ende 2028 auszusetzen und auch bis dahin auf Gelder aus der EU zu verzichten, intensivierte sich die Protestwelle. Seit nunmehr 9 Tagen sind Alte und Junge in Tiflis bei den Demonstrationen dabei, führte Birgit Kiene weiter aus. Biberach hat seit über 30 Jahren eine Städtepartnerschaft mit Telawi in Georgien, mit vielen Höhen, aber auch Tiefen. „Diese intensiven Beziehungen mit unseren Freunden in Telawi werden sicher auch diese Zeit gut überstehen und wir werden nicht müde werden, unsere sozialen Projekte dort fortzuführen“, gibt sie sich optimistisch. Problematisch dürfte es in Bezug auf die Projekte mit Engagement Global in Zusammenarbeit mit der Stadt Biberach und der Stadt Telawi werden. Sie endete mit einem Zitat von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock: „Wir verneigen uns vor dem Mut der Menschen in Georgien, die auf die Straße gehen, um Demokratie und europäische Werte zu verteidigen. Die georgische Regierung weicht in ihren Worten und Taten vom europäischen Weg ab. Es ist an ihr, auf diesen Weg zurückzukehren.“
Die aus Telawi stammende Lia Göppel gab einen Einblick in ihre momentane Gefühlswelt, vornehmlich einer Mischung aus Angst, Frustration und Hilflosigkeit. Sie hofft, dass sich die pro-europäische Bewegung durchsetzt und Georgien auf den Pfad der Demokratie zurückkehrt.
Der Vorsitzende des StäPa und Versammlungsleiter Hans-Bernd Sick bedankte sich bei den Besuchern für ihr Kommen trotz kurzfristiger Einladung, beim Ordnungsamt für die rasche Bearbeitung des Anmeldeantrags, und bei Herrn Mägerle von der Schwäbischen Zeitung für die Veröffentlichung des Aufrufes, obwohl dieser erst nach Redaktionsschluss an diesen ging. Und natürlich an das spontane Organisationsteam. Er verwies zudem darauf, dass es augenblicklich in vielen Ländern Probleme gibt, jüngstes Beispiel der annullierte erste Wahlgang in Rumänien. „Demokratie muss jeden Tag aufs Neue erarbeitet werden, das müssen auch wir hier beherzigen“ gab er zum Abschluss den Teilnehmern mit auf den Weg.
Text und Fotos: Hans-Bernd Sick (untere Reihe: Eindrücke aus Tbilissi/Tiflis, September 2024)
Fotos unten: Georgia Today (GT), Gaga Gogichaishvili