Biberacher lernen piemontesisch Kochen
Biberach/Asti (hbs) – Zum ersten Kochkurs „Cucina tradizionale piemontese“ sind an den letzten Sommerferientagen 17 interessierte Oberschwaben in Biberachs italienische Partnerstadt Asti gereist. Dank der vielfältigen, auch privaten Beziehungen, die zwischen den beiden Partnerstädten bestehen, kam der Kontakt zu der in Asti angesiedelten Fachschule „Agenzia di formazione professionale delle colline astigiane“ (A.F.P.) zustande. Der Asti-Ausschuss im Partnerschaftsverein buchte daraufhin spontan einen 3-tägigen Kurs, um in die Geheimnisse der piemontesischen Küche eingeführt zu werden. Das Interesse in Biberach war so groß, dass die Plätze innerhalb kurzer Zeit vergeben waren, die Teilnehmerzahl nachträglich aufgestockt wurde und mit der Warteliste locker ein weiterer Kurs hätte gefüllt werden können.
In der Kochschule erwartete der ausgezeichnete Chefkoch Mo Flavio seine deutschen Gäste.
Assistiert wurde er von drei Kochschülern, die kurz vor dem Abschluss ihrer dreijährigen Ausbildung stehen, und die den Teilnehmer zur Hand gingen.
In den drei, jeweils rund 4 Stunden dauernden Einheiten, wurde jeweils ein Menü mit Antipasti, Haupt- und Nachspeise zubereitet. Da beim Kurs italienisch gesprochen wurde, wurden die Ausführungen von Flavio Mo von Ursula Sollbach, Mitglied im Asti-Ausschuss des PV, übersetzt, damit auch den Teilnehmern mit wenigen oder keinen Italienisch-Kenntnissen nichts entging. Die deutschen Hobbyköche lernten, wie man gefüllte Paprika alla monferrina zubereitet, die piemontesischen Maultäschchen agnolotti richtig zupft, und eine mildere Variante der bagna caoda herstellt. Der brasato al Barbera d’asti bewies, dass es auch in Italien einen richtig guten Rinderbraten gibt, und beim vitello tonnato ottocentesco kam Kalbfleich zusammen mit einer Soße aus Kapern, Tunfisch und kleinen Sardellen, den acciuge, auf den Teller. Die Teilnehmer erfuhren, dass Asti an der Salzstraße lag, und über den regen Austausch von Lebensmitteln mit Ligurien Fische über den Apennin ins Monferrato kamen und so Einzug in die traditionelle piemontesische Küche fanden. Vorrangig aus den Alpen stammen die Käsesorten, die die Basis verschiedenen Soßen bildeten. Flavio Mo lehrte, dass wenn die Käsesoße aus dem kräftigen Castelmango zu dick sei, man sie mit reiner Sahne verdünnt. Diese Soße wurde zu Gnocchi serviert, ähnlich wie schwäbische Schupfnudeln aus Kartoffeln, Mehl und Ei zubereitet. Für die Nachspeisen wurden ein klassischer Nußkuchen gebacken und mit zabaglione serviert, bonet, „baci di dama“ (Damenküßchen) und „brutti e buoni“ (hässlich, aber gut) zubereitet und mit Genuss verspeist.Beim Kochen geschah dann das, was Städtepartnerschaften ausmacht: zwischen den Teilnehmern, die sich größtenteils zuvor auch noch nicht kannten, und zwischen den Gastgebern und den Gästen entwickelte sich ein lockeres, freundschaftliches Verhältnis, es wurde bei der „Arbeit“ viel gescherzt und gelacht. Auch durften die Biberacher viel über ihre Stadt und Region erzählen. Den drei Kochschülern Miriam Sraidi, Alessia Rebecca Alessio und Abdouni Bascio hat der Kurs so viel Spaß bereitet, dass sie auch noch freudig an ihrem eigentlich freien Samstag zum Dienst antraten und versprachen, nach ihrer Prüfung Biberach und ihre neuen Freunde zu besuchen.
Abgerundet wurde das von Hans-Bernd Sick, ebenfalls im Asti-Ausschuss aktiv, zusammen gestellte Programm mit Ausflügen in die nähere Umgebung. In Mombaruzzo wurde die Grappa-Brennerei Berta besucht; in der Agritourismo La Viranda in San Marzano Oliveto wurde typisch piemontesisch zu Abend gegessen und dabei Weine von Roberto Bianco aus Barbaresco verkostet. Ein Besuch in Barbaresco, einem ob seiner Weine weltberühmten Bergdörfchen in der Langhe, und in der Stadt Alba durfte nicht fehlen. In Asti selbst lockt die Weinmesse Douja d’or zu weiteren Verkostungen der berühmten piemontesischen Weine. Und selbstverständlich durfte eine Stadtführung in Asti, die von der Stadt Asti und dem dortigen Partnerschaftsverein in Asti gesponsert wurde, nicht fehlen. Roberta Ferrato führte die Gruppe zu einigen der vielen Sehenswürdigkeiten Astis. Mit ihren lebhaften Erzählungen ging es ausgesprochen kurzweilig vom Piazza Alfieri über den Piazza San Secondo zum Corso Alfieri. Ausführliche Informationen gab es über die Kollegiatkirche von San Secondo und die Ausgrabungen unter dem Palazzo del collegio, bei denen die Reste von vier verschiedenen Kirchen aus dem 8. bis 17. Jahrhundert bestaunt werden konnten. Roberta führte die Gruppe auch durch das ehemalige jüdische Ghetto zur Synagoge, das heute ein jüdisches Museum beherbergt, und berichtete von der Judenverfolgung in Asti und Italien während der Zeit des Faschismus. Der Rundgang endete mit viel Applaus für die gelungene Führung an der Kathedrale, und Roberta Ferrato, die sich als Bierliebhaberin outete, bekam ein Sechser-Pack Bier aus dem Biberacher Landkreis überreicht. Sie hat auch sofort angekündigt, sich beim nächsten Marktstand des Partnerschaftsvereins im November mit neuen Vorräten einzudecken.Leider verregnete es das Sagre-Fest, der für Sonntagvormittag geplante Umzug fiel buchstäblich ins Wasser. So wurde die Abreise vorgezogen, strömender Regen begleiteten die beiden von Schorsch Schad und Hans-Bernd Sick gelenkten Kleinbusse des Biberacher TeilAuto e.V. bis hinter den San Bernardino-Tunnel.
Nach dieser absolut gelungenen Premiere wird der Partnerschaftsverein sicher wieder den einen oder anderen Kochkurs in Asti organisieren, die Fühler sind bereits ausgestreckt.