Ein vielfältiges Programm bot die sechstägige Bürgerreise des Städte Partner Biberach e.V. Anfang September 2022 in die polnische Partnerstadt Świdnica/Schweidnitz in Niederschlesien unter der Leitung von Małgorzata Jasińska-Reich, der Vorsitzenden des Schweidnitz-Ausschusses und Siegfried Kopf-Jasiński, in Kooperation mit Fromm-Reisen in Wain.
Zu Beginn der sechstägigen Reise stand für die 36 Teilnehmer natürlich eine Stadtführung in Schweidnitz auf dem Programm. Der Dom aus dem 14. Jh. mit seiner reichen Ausstattung wurde besichtigt, ebenso der Marktplatz, „Rynek“ – Ring genannt, mit seinen prächtigen Bürgerhäusern. Ein guter Rundumblick bot sich vom Rathausturm, der nach Einsturz in den 1960er Jahren vor einigen Jahren wieder aufgebaut wurde.
Kreisau, das Landgut der Grafen von Moltke in der nächsten Umgebung von Schweidnitz, spielte eine wichtige Rolle im Widerstand gegen Adolf Hitler und den Nationalsozialismus. Hier überlegte der „Kreisauer Kreis“, wie eine Rechts- und Gesellschaftsordnung nach Ende des Nationalsozialismus aussehen könnte. Dominik Kretschmann, Leiter der heute dort befindlichen Gedenkstätte, erläuterte der Biberacher Gruppe die Zusammenhänge um den Kreisauer Kreis.
Einer der Höhepunkte war natürlich der Festabend mit den Schweidnitzer Partnern. Die dortigen Freunde um Ola Rokicka hatten ein abwechslungsreiches Programm mit jungen Sängerinnen, die zum Teil auch schon in Biberach aufgetreten sind, zusammengestellt. Zudem beeindruckte eine Geigerin aus der Ukraine, die zu den nach Schweidnitz vor dem Krieg Geflüchteten gehört, das Publikum. Auch der Dank von Einrichtungen, die mit Biberacher Spenden unterstützt wurden, wurde an diesem Abend zum Ausdruck gebracht.
Ein Tagesausflug führte ins Heuscheuergebirge, wo die Reiseleiterin Iwona Korpyta die landschaftlichen Höhepunkte ihrer Heimat zeigte. Die Gruppe wanderte durch das Felsenlabyrinth und ließ die Fahrt im Kurort Kudowa Zdrój ausklingen. Das berühmte Schloss Fürstenstein stand am nächsten Tag ebenfalls auf dem Besichtigungsprogramm.
Eine Reise nach Polen führt die Deutschen immer auch an Orte der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, die Gräueltaten der Deutschen unter den Nationalsozialisten, die zu einem großen Teil in Polen liegen. Die Reisegruppe erfuhr im Konzentrationslager Großrosen in der Nähe von Schweidnitz, wie die Häftlinge durch unmenschliche Handarbeit im Steinbruch, Mangelernährung und Gräueltaten in großer Zahl starben.
Ein Highlight der Reise war die Einladung durch den Pfarrer der Friedenskirche in Schweidnitz und evangelischen Bischof in Breslau, Waldemar Pytel, zu einem Orgel- und Violinkonzert in die Schweidnitzer Friedenskirche. Die Kirche ist Unesco-Weltkulturerbe. Nur Holz und Lehm durften vor 370 Jahren für den Bau verwendet werden, in der Annahme, die Kirche würde nicht sehr lange halten. Nun beeindruckt der Fachwerkbau noch heute mit seiner Größe und seiner reichen Ausstattung.
Der letzte Tag vor der Heimreise führte nach Breslau, die niederschlesische Hauptstadt. Die Stadtführung zeigte die historischen Stätten, die Dominsel, den Rynek, aber auch die Architektur des 20. Jh., Jahrhunderthalle und Werkbundsiedlung. In der Werkbundsiedlung in Breslau wirkte auch der Architekt Heinrich Lauterbach, der nach dem 2. Weltkrieg in Biberach lebte.
Unterwegs im Bus referierte Małgorzata Jasińska-Reich immer wieder über die polnische Geschichte, polnische Persönlichkeiten und Bräuche und machte mit den Reiseteilnehmern einen kleinen Sprachkurs mit den wichtigsten Wörtern. Die Polen freuten sich dann auch, von den Deutschen ein „dzień dobry“ – guten Tag oder „dziękuję“ – danke zu hören.
Etliche Teilnehmer hatten durch die Städtepartnerschaft schon Kontakte nach Schweidnitz und nutzten die Gelegenheit, alte Bekannte zu treffen. Zu den Mahlzeiten kamen immer wieder Schweidnitzer Freunde dazu. Auch Grzegorz Szwegler, Bindeglied zur Stadt Schweidnitz, begleitete die Gruppe zu mehreren Aktivitäten. So konnte Hans-Bernd Sick, Vorsitzender des Städte Partner Biberach e.V. und ebenfalls Reiseteilnehmer, das Résumé einer gelungenen städtepartnerschaftlichen Begegnung ziehen.